SAG will das Rheocasting perfektionieren
20.03.2025 Technologien & Prozesse Interview

SAG will das Rheocasting perfektionieren

Die Salzburger Aluminium Group geht einen weiteren Schritt in Richtung technologischer Innovation und nachhaltiger Mobilität: Am Gründungsstandort im österreichischen Lend entsteht eines neuen Forschungs- und Testzentrum für Rheocasting, das die Weiterentwicklung dieser zukunftsweisenden Gießtechnologie vorantreiben soll. Die Pläne und Perspektiven erläutert CEO Karin Exner-Wöhrer im Interview mit EUROGUSS 365.

Mann steht in Lagerhalle und breitet Arme aus Rheocasting-Erzeugnisse wie dieses Spezialteil für ein Fahrzeugchassis (l.) oder der Achsträger für eine Luftfederung (r.) sind besonders leicht.

Das neue Zentrum wird mit Versuchsanlagen, Laboren und Büroarbeitsplätzen ausgestattet, um umfassende Tests und Optimierungen der Rheocasting-Technologie zu ermöglichen. Die Investition beträgt in der ersten Phase 750.000 Euro, weitere Ausbaustufen sind geplant. Ein Fokus liegt auf der Weiterentwicklung der Materialeigenschaften und der industriellen Skalierbarkeit. Darüber hinaus soll das Zentrum als Plattform für Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Industriepartnern dienen, um Synergien zu schaffen und die Technologie weiterzuentwickeln. 

Rheocasting für komplexe Geometrien

Rheocasting ist ein Semi-Solid-Metall-(SSM)-Gießverfahren, bei dem eine Metalllegierung – meist Aluminium – in einen halbfesten Zustand überführt und anschließend in eine Form gegossen wird. Im Vergleich zu konventionellen Druckgussverfahren bietet Rheocasting mehrere Vorteile. Reduzierte Porosität führt zu höherer Bauteildichte und Belastbarkeit, während die feine Mikrostruktur für bessere mechanische Eigenschaften sorgt. Gleichzeitig ermöglicht die verbesserte Fließfähigkeit der Schmelze eine präzisere Fertigung komplexer Geometrien. Durch geringeren Werkzeugverschleiß und reduzierten Materialaufwand ist das Verfahren zudem wirtschaftlich effizient. Diese Faktoren können Rheocasting zu einer Schlüsseltechnologie für die Automobilindustrie, aber auch für den Maschinenbau und die Luft- und Raumfahrt machen.

Wettbewerbsfähigkeit und Marktposition stärken

Mit der Investition in das neue Forschungs- und Entwicklungszentrum stärkt die Salzburger Aluminium Group nicht nur ihre Innovationskraft, sondern auch ihre Position im internationalen Markt für Leichtbaukomponenten. Die strategische Entscheidung, am Gründungsstandort Lend zu investieren, unterstreicht zudem das langfristige Bekenntnis zur Region, erklärt das Unternehmen. Neben der Entwicklung neuer Anwendungen für Rheocasting sollen hier künftig auch Prozesseffizienz und Nachhaltigkeitsaspekte weiter optimiert werden.

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„Es geht darum, unsere Technologieführerschaft auszubauen“

Mit der Kombination aus technologischem Fortschritt, industrieller Skalierung und nachhaltiger Ausrichtung kann Rheocasting künftig eine größere Rolle in der Mobilitätsbranche spielen. Welche Herausforderungen bei diesem Verfahren bestehen und welche Chancen sich durch die Investition ergeben, erläutert SAG-Chefin Karin Exner-Wöhrer im Interview.

Karin Exner-Wöhrer Karin Exner-Wöhrer, CEO der Salzburger Aluminium Group

Frau Exner-Wöhrer, was waren die Gründe dafür, das Forschungs- und Entwicklungszentrum am Standort Lend zu errichten?

Karin Exner-Wöhrer: Die Themen Forschung und Weiterentwicklung sind für SAG seit jeher sehr wichtig. Im Bereich Rheocasting haben wir die letzten Jahre intensiv geforscht und getestet. Dadurch haben wir uns als erster als Serienproduzent am Markt etabliert. Jetzt geht es uns darum, unsere Technologieführerschaft in diesem Bereich weiter auszubauen und der Forschung noch mehr Raum – im wörtlichen Sinne – zu geben.

 

Sie haben Rheocasting bereits zur Serienreife gebracht. Welche technologischen Herausforderungen bestehen derzeit noch?

Karin Exner-Wöhrer: Beim Skalieren stellen sich immer auch neue Herausforderungen, dadurch erforschen wir neue Zusammenhänge und können den Prozess laufend noch besser verstehen und optimieren. Wir arbeiten an Feinheiten und Verbesserungen wie zum Beispiel beim Schussgewicht und wir erweitern unser Spektrum bei den Legierungen.

 

Sie planen, mit Rheocasting neue Anwendungen in der Fahrzeugindustrie und darüber hinaus zu erschließen. Welche Bereiche haben Sie hier im Fokus? 

Karin Exner-Wöhrer: Wir denken hier sehr breit. So sind zum Beispiel Fahrwerkskomponenten für viele Arten von Fahrzeugen – vom Elektroauto über Motorräder bis hin zu Flugzeugen – im Fokus. Auch CO2-Kühlsysteme sind ein Thema. Diese haben hohe Anforderungen an Dichtigkeit und Druckbeständigkeit. Hier kann Rheocasting eine gute Lösung zur Herstellung der Bauteile sein. 


Das neue Entwicklungszentrum soll als Plattform für Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Industriepartnern dienen. Wie kann man sich das vorstellen?

Karin Exner-Wöhrer: Wir pflegen bereits eine vertiefte Forschungspartnerschaft mit der Montanuni Leoben und sind dabei, auch Partnerschaften mit anderen Institutionen aufzubauen. Der Know-how-Transfer ist wichtig und gewinnbringend, was die Tiefe der Forschungsergebnisse betrifft.

Salzburger Aluminium Group

Die Salzburger Aluminium Group (SAG) ist ein österreichisches Familienunternehmen mit 1100 Mitarbeitern an Standorten in Europa, Mexiko und den USA. Das Headquarter des auf die 1898 gegründete Salzburger Aluminium zurückgehenden Unternehmens ist in Lend/Salzburg. SAG ist Marktführer bei Aluminiumtanks für schwere Lkw und liefert weitere Leichtbaukomponenten und Spezial-Bauteile für die Nutzfahrzeug-, Bahn- und Sonderfahrzeugindustrie weltweit.

Autor

EUROGUSS 365

Editors EUROGUSS 365

euroguss365@nuernbergmesse.de