Mobil mit Druckguss - Mobilität, neue Antriebstechnologien und Marktchancen für Druckgießereien
13.01.2020 Transformation der Antriebe Fachbericht

Mobil mit Druckguss - Mobilität, neue Antriebstechnologien und Marktchancen für Druckgießereien

Der Technologiewandel in der Automobilindustrie weg vom Verbrennungsmotor und hin zu elektrifizierten und anderen alternativen Antrieben wirkt sich auch auf die Druckgussindustrie aus. Durch Druckgießen lassen sich dünnwandige komplexe Werkstücke herstellen, die ideal an die jeweiligen technologischen Anforderungen angepasst sind und die Forderung nach Leichtbau erfüllen. Außerdem ergeben sich für Druckgießereien im Zusammenhang mit der Digitalisierung neue Marktmöglichkeiten.

Auto auf der EUROGUSS 2016.
Die etablierten und die aufstrebenden Industrieländer erleben eine Mobilitätswende. Dabei spielen Megatrends wie Urbanisierung, Nutzung erneuerbarer Energiequellen und die Berücksichtigung von Umweltbelangen eine wichtige Rolle. Parallel dazu befindet sich die Automobilindustrie am Anfang eines tiefgreifenden Wandels. Die mit Abstand größte Veränderung ist der Trend hin zur Elektromobilität [1]. Beide Entwicklungen sind miteinander verbunden und haben große Auswirkungen auf die Zulieferketten der Automobilindustrie, unter denen die Druckgussindustrie eine gewichtige Stellung hat.

Mobilitätsbedürfnisse

Fachleute erwarten, dass die globale Entwicklung sich künftig immer stärker auf städtische Ballungszentren zentrieren wird. Damit ist künftig eine weitaus größere Nachfrage nach elektrischer Energie verbunden, unter anderem um die Mobilitätsbedürfnisse der Bewohner zu befriedigen. Strom wird beispielsweise benötigt für den emissionsfreien Antrieb von Straßen-, U- und Eisenbahnen, aber auch elektrisch angetriebene Omnibusse, Lieferwagen und individuell genutzte Fahrzeuge müssen zuverlässig mit Strom versorgt werden. Strom ist außerdem für Verkehrsmanagement-Systeme nötig, die mit Echtzeit-Daten Verkehrsströme intelligent steuern und helfen, die für den Verkehr zur Verfügung stehenden Flächen optimal zu nutzen, sowie für die Kommunikation von Verkehrsmitteln untereinander. Die Hersteller von Kraftfahrzeugen müssen sich an diese Entwicklungen anpassen, um weiterhin auf dem Markt bestehen zu können. Diese Unternehmen stehen darüber hinaus vor der Herausforderung, komplexe Mobilitäts- und Transportlösungen anbieten zu können, die auf neuen Fahrzeug-Betreibermodellen wie Car-Sharing und dem intelligenten Einsatz von Fahrzeugen beruhen.

Automobilindustrie im Wandel

Die gesamte Automobilindustrie dürfte in den kommenden zehn Jahren einen vollständigen Wandel erleben, vielleicht sogar schon früher [2]. Dieser Wandel wird auch deshalb völlig neuartig sein, weil er von einer bislang eher kontinuierlichen, langsamen Technologieentwicklung zu disruptiven Technologiesprüngen führt. Ein zentrales Thema ist die Entwicklung neuer, als alternativ bezeichneter Antriebstechniken. In vielen Regionen der Erde zwingen gesetzgeberische Vorgaben die Automobilindustrie dazu, vermehrt Kraftfahrzeuge mit schadstofffreien Antrieben auf den Markt zu bringen. Laut einer Untersuchung der Deutschen Bank stehen hierbei batteriebetriebene Fahrzeuge künftig an erster Stelle [3].

Wie der Technologiewechsel hin zu elektrifizierten Antrieben aussehen kann und welche Rolle Gussteile dabei im Einzelnen spielen können, wird in etlichen Fachbeiträgen eingehend behandelt [1, 4, 5, 6]. Neben dem Batterieantrieb wird auch an anderen Techniken gearbeitet wie beispielsweise Hybrid-Antriebe, Wasserstoff-Brennstoffzellenantriebe, Erdgas- und Flüssiggasantriebe, und Antrieb auf Basis von synthetisch hergestellten Kraftstoffen. Während Fachleute sich uneins darüber sind, welche Bedeutung den verschiedenen Antriebstechniken im Laufe der Zeit zukommen wird, herrscht Einigkeit darüber, dass Fahrzeuge mit alternativem Antrieb einen wachsenden Anteil an der weltweiten Kraftfahrzeugproduktion haben werden. Dennoch wird weiter daran gearbeitet, Verbrennungsmotoren zu optimieren, so dass diese auch nach dem Jahr 2030 global ihre Stellung als Basisantriebe für Pkws behalten [3].

Neue Antriebe, Leichtbaulösungen, Digitalisierung

Druckgießereien müssen davon ausgehen, dass bestimmte, für konventionell angetriebene Kraftfahrzeuge gefragte Komponenten – die beispielsweise für den Motorblock, den Getriebeblock, das Kühlsystem, die Kraftstoffversorgung und die Abgasbehandlung unverzichtbar sind – nicht mehr in den bislang gewohnten Mengen gefragt sein werden. Elektromotoren wiederum benötigen weniger Teile: Bestehen Motor und Getriebe bei einem konventionell angetriebenen Pkw aus rund 1.400 Teilen, so sind es bei einem Elektromotor samt Getriebe nicht mehr als rund 200 [7]. Für Fahrzeuge mit Batterieantrieb wird es aber durchaus einen großen Bedarf an Druckgussteilen geben. Auch diese Antriebstechnik braucht ein Getriebe und damit komplexe Aluminium-Druckgusskomponenten. Für die Batterie, den Elektromotor, das Getriebe, die Leistungselektronik, Sensoren und andere Komponenten sind Gehäuse nötig, die sich ideal durch Druckgießen herstellen lassen. Dasselbe gilt auch für bestimmte Komponenten, die alle Arten von Kraftfahrzeugen benötigen, zum Beispiel Strukturbauteile für Fahrwerk und Karosserie sowie Teile für die  Innenausstattung.

Mit Blick auf die Auftragsentwicklung dürfte für Druckgießereien ebenfalls interessant sein, dass Hybridfahrzeuge eine größere Zahl an Bauteilen benötigen, weil diese Fahrzeuge mit zwei Antriebssystemen bestückt sind. Für Elektro- wie auch Hybridfahrzeuge gilt, dass sie leichter werden müssen, damit das Gewicht der Batterie kompensiert und die Reichweite verlängert wird. Auch hier erweist sich Druckgießen als vorteilhaft. In ein Druckgussteil können nämlich mehrere Funktionen integriert werden, so dass einzelne Teile eingespart und so auch die durch die Batterie verursachten Gewichtserhöhungen abgeschwächt oder ausgeglichen werden können.

Druckgießverfahren bieten auch vielversprechende Einsatzmöglichkeiten, um andere Verarbeitungsverfahren zu ersetzen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Bremen haben zum Beispiel ein Druckgussverfahren zum Herstellen von Aluminium-Flachleiterspulen für Elektromotoren entwickelt (Bild). Gemäß einer IFAM-Studie erhöhen diese Spulen die kontinuierliche Leistung elektrischer Maschinen, verglichen mit Spulen mit Kupferwicklungen, reduzieren die Betriebstemperatur und das Gewicht, sparen Rohstoffkosten und ermöglichen es, den verfügbaren Einbauraum besser auszunutzen [8].

Stärken des Druckgusses

Auf die zu erwartenden Veränderungen dürfte Druckgussbranche gut vorbereitet sein. Deren Unternehmen haben bereits Erfahrung mit Umwandlungsprozessen, die die Automobilindustrie erlebt hat. Hierzu gehören die seit langem vielfach diskutierte Forderung nach Gewichtseinsparung durch Leichtbau und die damit verbundene Miniaturisierung von Komponenten. Das Druckgießverfahren bietet generell die Möglichkeit, Automobilkomponenten so herzustellen, dass die Anforderungen nach Leichtbau optimal erfüllt werden. Es erlaubt ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, um Werkstoffe ideal passend  einzusetzen, und hilft, mehrere Funktionen in ein Bauteil zu integrieren. Durch die Möglichkeit, sehr kleine Wanddicken zu erzeugen, sind dünnwandige Batteriegehäuse und -träger herstellbar, die mit  komplexen Kühlkanälen zur Temperierung der Batterie versehen sein können.

Ein zusätzliches Gebiet, wo Druckgießereien zukunftsweisende Lösungen anbieten können, betrifft die Digitalisierung. Automobilhersteller werden künftig nicht mehr nur Autos bauen und ausliefern, sondern komplexe Mobilitäts- und Transportlösungen anbieten, die auf dem intelligenten Einsatz von Fahrzeugen beruhen.

Damit ergeben sich auch für Druckgießereien neue Geschäftsmodelle. Druckgusskomponenten lassen sich beispielsweise mit eingegossenen RFID-Transpondern herstellen, die unterschiedliche Informationen speichern können. Dies bietet Automobilherstellern die Möglichkeit, den Fahrzeugbetreibern Informationen zu vermitteln, die beispielsweise Sicherheit, Wartung und Unterhaltung betreffen.

Die Fachmesse EUROGUSS 2020

Einen Einblick in den Stand der Druckgießtechnik und Anregungen, wie Druckgießereien ihre Marktstellung stärken und ausbauen können, aber auch rund um Ressourceneffizienz und Umweltschutz, gibt die Internationale Fachmesse für Druckguss EUROGUSS, die vom 14. bis zum 16. Januar 2020 in Nürnberg stattfindet. Zur EUROGUSS-Familie gehören neben der EUROGUSS die außereuropäischen Druckguss-Fachmessen China Die Casting, Alucast in Indien, EUROGUSS Asia Pacific in Thailand und EUROGUSS Mexico.