23.04.2024
Branche & Märkte
Fachbericht
Deutsche Zulieferer zwischen Fachkräftemangel und sinkender Automobilproduktion
Nach schwierigem Jahr 2023 bleibe die Lage angespannt, resümiert die ArGeZ. Damit sich Investitionen in Elektromobilität lohnen, müssen sich die Produktionszahlen viel dynamischer entwickeln. Standortbedingungen blieben ein massives Problem für den Mittelstand und außerdem müsse die neu gewählte EU-Kommission mit einer Industriestrategie für Wachstum sorgen und weniger regulieren.
Am Jahresende 2023 sahen sich die deutschen Zulieferer einem deutlichen Minus bei Produktion und Umsatz gegenüber. Gab die Produktion um 4,8 Prozent nach, so setzten die Unternehmen mit 240 Milliarden Euro rund 3,2 Prozent weniger um als noch im Jahr zuvor. Dieser Entwicklung unterliege der inflationsbedingten Lohnkostensteigerungen und einer niedrigeren Auslastung weiter steigender Erzeugerpreise.
So nahm die Produktion in den ersten beiden Monaten des Jahres um 4,9 Prozent zum Vergleichszeitraum des Vorjahres ab, während der Umsatz um rund 4,1 Prozent niedriger ausgefallen ist.
Die Stimmung unter den deutschen Zulieferern sei entsprechend schlecht. Das saisonbereinigte ifo-Geschäftsklima der ArGeZ-Unternehmen liegt am Ende des ersten Quartals mit minus 23,1 Punkten deutlich im negativen Bereich.
Hinzu komme, dass Mitarbeiter häufiger krankheitsbedingt ausfallen oder vor Erreichung des Renteneintrittsalters in den Ruhestand gingen. Und die Rekrutierung neuer Mitarbeiter gestalte sich weiterhin äußerst schwierig.
Im ersten Quartal 2024 sind nur knapp 1 Millionen PKW in Deutschland gebaut worden. Gleichzeitig steigt die Produktion deutscher Autokonzerne im Ausland auf inzwischen über 10 Millionen Fahrzeuge an. Diese schleichende Deindustrialisierung im Automobilsektor führt gerade bei den kleineren Zulieferern zu sinkenden Abrufzahlen, weil im Ausland zunehmend lokal zugekauft wird und nicht jeder Zulieferer mit ins Ausland gehen kann.
In diesem Szenario einer abnehmenden Nachfrage kämpfen viele Zulieferer mit im internationalen Vergleich zu hohen Kosten. Auch wenn die Inflationsrate selbst sinke, seien die inflationsbedingten Kostenersteigerungen aus der Vergangenheit noch da. Die Arbeitskosten sind im internationalen Vergleich sehr hoch. Die Anstiege der letzten Jahre konnten nicht durch Produktivitätssteigerungen kompensiert werden.
Die hohen Energiepreise treffen energieintensive Betriebe, die am Anfang der automobilen Lieferkette stehen, mit voller Wucht. Die industriellen Wärmeprozesse bei der Herstellung und Bearbeitung von Zulieferteilen z.B. aus Metall, Kunststoff, Kautschuk oder Textilien, benötigen viel Energie. Das gilt auch für Gas und andere fossile Energieträger, solange Alternativen wie Wasserstoff nicht verfügbar sind.
Wenn diese Kosten im Markt nicht weitergegeben werden können, schmelzen Liquidität und Eigenkapital alsbald dahin, so ArGeZ. Fairness und Partnerschaft in der Lieferkette seien da notwendiger denn je. In einem Umfeld, in dem Kosten weiter steigen, habe der Gesetzgeber keine Antworten auf dramatisch anwachsende Wettbewerbsnachteile gefunden.
Jetzt müsse sie aber feststellen, dass die Hersteller von Elektrofahrzeugen die angekündigten Mengen nicht in dem erwarteten Umfang verbindlich abnehmen. Im ersten Quartal 2024 sind die Neuzulassungs- und Produktionszahlen beim BEV in Deutschland gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken, was sicherlich auch der gestrichenen Förderung geschuldet sei.
Viele Zulieferer seien erheblich in Vorleistung gegangen – ohne
notwendige Rendite, weil sich die Produktion von BEV nicht in dem Maße entwickelt. Diese Abkühlung bei der Elektromobilität und das volatile Bestellverhalten der OEM und der großen Systemlieferanten bei anderen Fahrzeugtypen bringen viele mittelständische Zulieferbetriebe in Bedrängnis.
Green Deal und Nachhaltigkeitsthemen, wie beispielsweise Nachhaltigkeitsberichts- und Lieferkettensorgfaltspflichten, dürfe die politische Agenda in Brüssel nicht mehr allein dominieren. Es gehe jetzt darum, der Industrie Vorfahrt einzuräumen, um nicht weiter abgehängt zu werden.
Zulieferer spüren bereits heute, dass ihre Finanzierung bei den Hausbanken schwieriger wird, so ArGeZ. Es dürfe aber nicht sein, dass die Politik europäischen Unternehmen den Zugang zu Finanzmitteln erschwert, während gleichzeitig die industrielle Wertschöpfung in anderen Regionen der Welt stark wächst.
Umsatz sinkt 2024 um 4,1 Prozent
Standen die Zeichen für das Jahr 2024 lange Zeit auf Erholung, sind die Prognosen zur konjunkturellen Entwicklung in den vergangenen Monaten sukzessive nach unten angepasst worden. So starten die mittelständischen Zulieferer laut ArGeZ ohne Auftragspolster und ohne Perspektive auf baldige Nachfrageimpulse in das Jahr.So nahm die Produktion in den ersten beiden Monaten des Jahres um 4,9 Prozent zum Vergleichszeitraum des Vorjahres ab, während der Umsatz um rund 4,1 Prozent niedriger ausgefallen ist.
Fachkräftemangel verschärft sich
Der Fach- und Arbeitskräftemangel werde sich in den kommenden Jahren verschärfen. Mittelständische Betriebe versuchen daher ihre Beschäftigten zu halten. Mit rund 921.000 Beschäftigten gelang dies im Vorjahr überwiegend. Im Februar 2024 sank die Zahl gleichwohl gegenüber Vorjahr um 1,8 Prozent.Die Stimmung unter den deutschen Zulieferern sei entsprechend schlecht. Das saisonbereinigte ifo-Geschäftsklima der ArGeZ-Unternehmen liegt am Ende des ersten Quartals mit minus 23,1 Punkten deutlich im negativen Bereich.
Hinzu komme, dass Mitarbeiter häufiger krankheitsbedingt ausfallen oder vor Erreichung des Renteneintrittsalters in den Ruhestand gingen. Und die Rekrutierung neuer Mitarbeiter gestalte sich weiterhin äußerst schwierig.
Beurteilung der aktuellen Geschäftslage pessimistisch
Binnen eines Jahres kehrte sich der Saldo der gut-schlecht-Bewertungen der Betriebe in den roten Bereich. Von plus 14,6 Saldenpunkten im März 2023 verschärfte sich die Lagebeurteilung zusehends auf minus 17,7 Punkte im März 2024. Nicht einmal jedes fünfte Unternehmen bezeichne die gegenwärtige Geschäftssituation als „gut“. Schlechtere Werte finde man in der jüngeren Vergangenheit nur während der Pandemie und der Weltfinanzkrise.Automobilproduktion in Deutschland rückläufig
Für die mittelständischen Automobilzulieferer ist der Produktionsstandort Deutschland noch wichtiger als für die großen Abnehmer. Doch die Automobilproduktion ist seit Jahren rückläufig, von einst (2012) 5,6 Millionen PKW und Kleintransportern auf nun etwa 4 Millionen Einheiten.Im ersten Quartal 2024 sind nur knapp 1 Millionen PKW in Deutschland gebaut worden. Gleichzeitig steigt die Produktion deutscher Autokonzerne im Ausland auf inzwischen über 10 Millionen Fahrzeuge an. Diese schleichende Deindustrialisierung im Automobilsektor führt gerade bei den kleineren Zulieferern zu sinkenden Abrufzahlen, weil im Ausland zunehmend lokal zugekauft wird und nicht jeder Zulieferer mit ins Ausland gehen kann.
In diesem Szenario einer abnehmenden Nachfrage kämpfen viele Zulieferer mit im internationalen Vergleich zu hohen Kosten. Auch wenn die Inflationsrate selbst sinke, seien die inflationsbedingten Kostenersteigerungen aus der Vergangenheit noch da. Die Arbeitskosten sind im internationalen Vergleich sehr hoch. Die Anstiege der letzten Jahre konnten nicht durch Produktivitätssteigerungen kompensiert werden.
Vergleichsweise hohe Energiepreise
Die Absenkung der Börsenpreise für Strom und Gas sowie die in Aussicht gestellte Absenkung der Stromsteuer täuschen, so ArGeZ. Das Preisniveau beim Strom und Gas inklusive Netzentgelten und sonstigen Abgaben beträgt immer noch das Doppelte bis Dreifache z.B. gegenüber China, Frankreich und den USA. Es dürfe nicht übersehen werden, dass die Netzentgelte zum Jahreswechsel deutlich gestiegen seien, nachdem der Bundeszuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten gestrichen wurde.Die hohen Energiepreise treffen energieintensive Betriebe, die am Anfang der automobilen Lieferkette stehen, mit voller Wucht. Die industriellen Wärmeprozesse bei der Herstellung und Bearbeitung von Zulieferteilen z.B. aus Metall, Kunststoff, Kautschuk oder Textilien, benötigen viel Energie. Das gilt auch für Gas und andere fossile Energieträger, solange Alternativen wie Wasserstoff nicht verfügbar sind.
Wenn diese Kosten im Markt nicht weitergegeben werden können, schmelzen Liquidität und Eigenkapital alsbald dahin, so ArGeZ. Fairness und Partnerschaft in der Lieferkette seien da notwendiger denn je. In einem Umfeld, in dem Kosten weiter steigen, habe der Gesetzgeber keine Antworten auf dramatisch anwachsende Wettbewerbsnachteile gefunden.
Elektromobilität entwickelt sich nicht wie gehofft
Die deutsche Zulieferindustrie verstehe sich als Innovationstreiber für die Transformation des Mobilitätssektors und sei Vorreiter in Sachen Klimaschutz und nachhaltiger Produktion. Sie habe in großem Umfang in die Entwicklung neuer Technologien investiert und neue Produkte, z. B. für Elektromobile, zur Serienreife gebracht.Jetzt müsse sie aber feststellen, dass die Hersteller von Elektrofahrzeugen die angekündigten Mengen nicht in dem erwarteten Umfang verbindlich abnehmen. Im ersten Quartal 2024 sind die Neuzulassungs- und Produktionszahlen beim BEV in Deutschland gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken, was sicherlich auch der gestrichenen Förderung geschuldet sei.
Viele Zulieferer seien erheblich in Vorleistung gegangen – ohne
notwendige Rendite, weil sich die Produktion von BEV nicht in dem Maße entwickelt. Diese Abkühlung bei der Elektromobilität und das volatile Bestellverhalten der OEM und der großen Systemlieferanten bei anderen Fahrzeugtypen bringen viele mittelständische Zulieferbetriebe in Bedrängnis.
Forderungen an die EU-Kommission
Von der im Juni 2024 neu gewählten EU-Kommission fordert die mittelständische Zulieferindustrie die zügige Vorlage und Umsetzung einer validen Industriestrategie, die Europa wieder gegenüber den USA und Asien dauerhaft wettbewerbsfähig macht.Green Deal und Nachhaltigkeitsthemen, wie beispielsweise Nachhaltigkeitsberichts- und Lieferkettensorgfaltspflichten, dürfe die politische Agenda in Brüssel nicht mehr allein dominieren. Es gehe jetzt darum, der Industrie Vorfahrt einzuräumen, um nicht weiter abgehängt zu werden.
Zulieferer spüren bereits heute, dass ihre Finanzierung bei den Hausbanken schwieriger wird, so ArGeZ. Es dürfe aber nicht sein, dass die Politik europäischen Unternehmen den Zugang zu Finanzmitteln erschwert, während gleichzeitig die industrielle Wertschöpfung in anderen Regionen der Welt stark wächst.