Gießereien müssen ihren Kunden gerade aus der Automobilindustrie immer häufiger die Frage beantworten, welcher CO2-Footprint in einem gelieferten Gussteil steckt. Wer hier keine Auskunft geben kann, wird unter Umständen nicht mehr als Lieferant berücksichtigt. Der BDG möchte, dass die Unternehmen der Gussbranche belastbare Aussagen treffen können. Er hat daher die Entwicklung eines Tools vorangetrieben, das die Betriebe in die Lage versetzt, mit relativ einfachen Mitteln den CO2-Fußabdruck ihrer Produkte zu ermitteln – gießereispezifisch und nach anerkannten internationalen Standards.
Mit dem Footprint Reduction Tool, kurz FRED, können Gießereien ihren CO2-Fußabdruck nicht nur berechnen, sondern auch verringern. Von Elke Radtke, Ansprechpartnerin beim BDG für FRED und überzeugte Promoterin des Tools, wollten wir wissen, welche Erfahrungen damit bisher gemacht wurden und wo die Gießereiindustrie auf ihrem Weg zur Klimaneutralität aktuell steht.
Frau Radtke, was sind die größten Irrtümer, denen Gießereibetriebe in Bezug auf ihren eigenen CO2-Fußabdruck unterliegen? Welche Faktoren werden üblicherweise über-, welche unterschätzt?
Radtke: Das ist eine gute Frage, denn tatsächlich gibt es diese Fehleinschätzungen hinsichtlich der Wirksamkeit von Maßnahmen zum Klimaschutz in den Unternehmen. Der Klassiker: Eine Gießerei betreibt elektrische Schmelzaggregate und ist der Meinung, dass sie mit einer Umstellung dieser Öfen auf Grünstrom klimatechnisch aus dem Schneider ist. Grundsätzlich bietet solch ein Switch einen großen Hebel zur Senkung der indirekten CO2-Emissionen. Aber: In fast allen Gießereien wird auch Erdgas eingesetzt, zum Beispiel für die Pfannenvorwärmung oder Kerntrocknung. Das sind zum Teil nicht unerhebliche Mengen, die klimarelevante Auswirkungen haben. Letztlich können diese zum Beispiel über eine Elektrifizierung vermieden werden – vorausgesetzt, der verwendete Strom stammt dann ebenfalls aus erneuerbaren Quellen.
Ein weiterer unterschätzter Faktor ist – insbesondere bei NE-Metall-Gießereien – die Herkunft des metallischen Werkstoffes. Wird beispielsweise primäres Aluminium vergossen, kann dessen Beitrag zum gesamten Fußabdruck des Unternehmens um ein Vielfaches höher sein als der aus dem eigenen Energieverbrauch. Das Primärmaterial bringt einen großen CO2-Rucksack aus seiner aufwändigen Gewinnung einfach schon mit ins Unternehmen. Einzige Lösung zur Minderung dieser klimaschädlichen Emissionen ist der Einsatz von Sekundärmaterial. Problem ist hierbei, dass der Weltmarkt noch nicht genug davon hergibt. Aluminium ist ein relativ junges Metall. Hier etabliert sich erst langsam ein Rück- und damit Kreislauf, denn vieles ist schlichtweg noch verbaut oder sonstwie in Gebrauch.