Additive Fertigung für den Wandel in der PkW-Antriebstechnologie hin zur Elektromobilität
Der Wandel in der PkW-Antriebstechnologie hin zur Elektromobilität stellt die Druckguss-Industrie bekanntermaßen vor eine Reihe von Herausforderungen. Hierzu zählt die Notwendigkeit, Komponenten zu realisieren, die integrierte Kühlkanäle beinhalten, etwa Gehäuse für Elektromotoren.
Ein vielfach verfolgter Ansatz in dieser Hinsicht ist der zweischalige Aufbau derartiger Gehäuse: Es werden zwei Druckgussbauteile erzeugt, die ineinandergeschoben, abgedichtet und verbunden werden müssen. Um den Aufwand in der Formherstellung und Montage zu reduzieren, wäre ein einteiliger Aufbau wünschenswert – soll das Fertigungsverfahren Druckguss beibehalten werden, scheitert ein auf verlorenen Kernen basierender Ansatz aber häufig an der Verfügbarkeit geeigneter Materialien für derart filigrane, aber dennoch unter Druckgussbedingungen stabile Kerne.
Einen Ausweg stellt das Eingießen von Rohren oder allgemein Hohlprofilen dar, die, sofern aus thermischen Gründen Aluminiumwerkstoffe für die Einleger gewählt werden, über eine nach dem Abguss zu entfernende Füllung stabilisiert werden müssen [1,2]. Die Notwendigkeit einer solchen Füllung kann jedoch vermieden werden, wenn die entsprechenden Kühlkanäle durch innere Strukturen stabilisiert werden. Dies ist mittels konventioneller, stranggepresster Profile besonders dann kaum realisierbar, wenn die betreffenden Kühlkanäle gekrümmt sind, wie dies etwa bei einem E-Motor-Gehäuse zwangsläufig der Fall ist.
Hier kommt die additive Fertigung ins Spiel: Sie erlaubt nicht nur eine weitestgehende Freiheit in der Geometrie des medienführenden Kanals bis hin zu massiven Querschnittsänderungen, sondern gestattet auch eine parallele Optimierung in Hinblick auf Strömungswiderstand, Wärmeübertragung und Strukturstabilität.
Die prinzipielle Machbarkeit dieses Ansatzes wurde bereits in Stichversuchen nachgewiesen [3]. In einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt („BioniCast – Bionisch optimierte, additiv gefertigte Kühlkanäle zum Druckgießen einschaliger Gehäuse für den elektrischen Antriebsstrang“, AiF-IGF- Vorhaben Nr. 22357 N) untersuchen das Fraunhofer IFAM und das Fraunhofer IAPT gemeinsam diese Fragestellung. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Fähigkeit zur prozesssicheren Auslegung des Gussteils und der einzugießenden Strukturen: Für eine zukünftige Serienanwendung muss es möglich sein, die Einlegeteile so zu dimensionieren, dass sie den Randbedingungen des Gießprozesses sicher widerstehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die additiv gefertigten Komponenten je nach Konfiguration lokal Temperaturen von über 450°C erreichen können und gleichzeitig dem Nachverdichtungsdruck des Prozesses ausgesetzt sind.
Grundvoraussetzung für die Auslegung in Hinblick auf die Strukturstabilität ist daher eine genaue Kenntnis der temperaturabhängigen mechanischen Eigenschaften additiv gefertigter Materialien. Hierzu haben Fraunhofer IFAM und Fraunhofer IAPT gemeinsam mit der BDG-Service GmbH, bei der die Hochtemperatur-Zugversuche durchgeführt wurden, eine erste Datenbasis für die Legierung AlSi10Mg im spannungsarm geglühten Zustand ermittelt. Die Ergebnisse wurden kürzlich in einer OpenAccess-Veröffentlichung zusammengefasst [4].
Die Publikation ist abrufbar über https://www.mdpi.com/1996-1944/15/20/7386 . Weitere Untersuchungen zum Verhalten der Legierung im T5-Zustand, der bei Raumtemperatur eine um rund 100 MPa erhöhte Zugfestigkeit gewährleistet, befinden sich derzeit in der Auswertung. Im weiteren Verlauf des Projekts ist zudem geplant, die Untersuchungen auf spezielle warmfeste Aluminiumlegierungen auszudehnen.
Literatur:
[1] Rupp, S.; Heppes, F. Combicore - Giesskerne für den Druckguss. Giesserei-Erfahrungsaustausch 2013, 3/4, 6-9.
[2] Lehmhus, D.; Pille, C.; Borheck, D.; Bumbu, F.; Schwegler, T.; Lee, J.; Yoo, J.; Lutze, P.; Vomhof, R.; Weiß, K. Lösungen für die Elektromobilität: Leckagefreie Kühlkanäle für die nächste Generation von Druckguss-Gehäusekomponenten. Giesserei 2021, 108, 40-49.
[3] Lehmhus, D.; Pille, C.; Rahn, T.; Struss, A.; Gromzig, P.; Seibel, A.; Wischeropp, T.; Becker, H.; Diefenthal, F. Druckgießen und Additive Fertigung: Durch strategische Kombination das Beste aus zwei Welten nutzen. Giesserei 2021, 108, 36-43.
[4] Lehmhus, D.; Rahn, T.; Struss, A.; Gromzig, P.; Wischeropp, T.; Becker, H. High-Temperature Mechanical Properties of Stress-Relieved AlSi10Mg Produced via Laser Powder Bed Fusion Additive Manufacturing. Materials 2022, 15, 7386.