Herr Küpper, Sie haben gesagt: „Ich habe mich erneut zur Wahl gestellt, obwohl ich wusste, was mich erwartet.“ Was erwartet Sie denn?
Clemens Küpper: Im Vergleich zur letzten Wahl hat sich die Lage in unserem Land weiter derart zugespitzt, dass es immer mehr persönlichen Engagements bedarf, um in der Verbandsarbeit erfolgreich zu sein. Die Interessen einer Branche zu vertreten, die einen so hohen Beitrag an der Circular Economy hat, die gute Arbeitsplätze bietet und modernste technologische Lösungen hervorbringt, scheint eigentlich leicht. Aber diese Interessen gegen ein Desinteresse oder zumindest gegen Uninformiertheit mancher Politiker zu vertreten, dass sind Herausforderungen, die neu und ausgesprochen anspruchsvoll sind. Gemeinsam mit allen Kollegen und Kolleginnen aus Verband und Mitgliedschaft gegen das immer wieder erfahrene Ohnmachtsgefühl anzuarbeiten und nicht nachzulassen, das wird weiter auf uns zukommen. Solange bis erkannt wird, dass unsere Leistung und die Leistung aller Metaller den großen Wettbewerbsvorteil in unserem Land erzeugt und vielleicht sogar die DNA unseres Industrielandes darstellt.
Welche Projekte möchten Sie in der neuen Amtszeit in den Mittelpunkt Ihrer Arbeit stellen?
Küpper: Der BDGuss ist ein Mitgliederverband. Hier entscheidet nicht einer allein, sondern die Mitglieder bringen sich über Gremien, Vorstände bis zum Präsidium mit ihren Vorstellungen ein. Diese Aufgaben und Strategien werden dann von Düsseldorf aus, vom Haus der Gießereiindustrie mit Hauptgeschäftsführung und fast 40 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, übernommen und dienen als Grundlage unserer Arbeit. Die Hauptaufgaben werden unter anderem sein, immer am Puls der Zeit zu sein und ständig einen Überblick über das technische und politische Geschehen zu haben. Ein extrem wichtiger Teil ist hierbei die Mitarbeit in den Gremien der EU und die Mitgestaltung der Dinge, die von dort kommen. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Lobbyarbeit bzw. erklärende Tätigkeit in Bund und Ländern sein. Dazu ist der Verband zunehmend direkt aktiv und bietet außerdem allen Mitgliedern vielfältige Unterstützungen an. Für die Branche wird die Nachwuchsgewinnung ein weiter wichtiges Thema sein. Hier setzen wir stark auf die Fortführung bereits gestarteter Projekte.
Wie wollen Sie den Druck auf die Politik für eine bessere Industriepolitik hochhalten angesichts gesunkener Energiepreise? Was kann der BDG von den Bauern lernen?
Küpper: Es ist nicht einfach, die vielen Informationen rund um das Thema Energie zu beschreiben, wenn man sich nicht täglich damit beschäftigt. Eine Gießerei, die mit Gas schmilzt, hat aktuell mit weiter hohen Gaspreisen zu kämpfen. Und mit kämpfen meinen wir, diese Kosten an den Kunden weiterzugegeben, da diese so enorm höher sind als vor dem Krieg, dass ein Unternehmen diese nicht allein tragen kann. Der Gaspreis ist aktuell immer noch deutlich höher als früher. Unternehmen, die mit Strom schmelzen, merken das genauso. Nach dem Merrit Order Prinzip ist der teuerste Anbieter derjenige, der den Preis bestimmt. Das führt aktuell und vermutlich auch in Zukunft zu einem zwei- bis dreifachen Strompreis, verglichen mit dem Vorkrisen-Niveau. Dazu kommen bei uns in Deutschland noch die Netzendgelte, die zurzeit bei circa fünf Cent liegen. Damit sind die Stromkosten weiter deutlich höher als bei unseren Wettbewerbern. Natürlich schmelzen wir unsere Metalle mit maximalen Schrottanteilen und sparen damit allein schon massiv Ressourcen und Energie, aber die Gießtemperatur muss einfach erreicht werde und dazu wird viel Energie benötigt. Für unsere Eisengießerei beträgt der Energieanteil 15–20 Prozent und stellt damit einen massiven Kostenblock in der Ergebnisrechnung.