• 10.04.2025
  • Fachbericht

Schweizer Gießereiindustrie: Innovation in einem herausfordernden Umfeld

Die Schweizer Gießerei- und Druckgussbranche ist trotz hoher Kosten wettbewerbsfähig. Innovation, Qualität und Spezialisierung sind ihre Stärken. Die Unternehmen behaupten sich mit hochpräzisen Bauteilen und modernsten Fertigungstechnologien – eine Strategie, die entscheidend für ihre Zukunftsfähigkeit ist.

Geschrieben von Editors EUROGUSS 365

Metallschlüsselanghänger mit der Schweizer Flagge

Präzision als Markenzeichen

Die Schweiz genießt weltweit einen exzellenten Ruf für Präzision – sei es in der Uhrenindustrie, im Maschinenbau oder in der Medizintechnik. Auch in der Gießereiindustrie ist dieses Qualitätsversprechen spürbar. Trotz vergleichsweise hoher Produktionskosten gelingt es den Schweizer Gießereien, durch spezialisierte Produkte, hohe Innovationskraft und effiziente Fertigungsprozesse am Markt zu bestehen. Während der Gießereisektor in Ländern wie Deutschland oder Italien in erster Linie von großen Automobilzulieferern geprägt ist, setzen Schweizer Unternehmen auf maßgeschneiderte High-End-Lösungen.
Doch die Branche steht unter Druck: Die Nachfrage nach Gussprodukten schwankt, insbesondere in exportabhängigen Industriezweigen. Nach einem positiven Jahr 2022 zeigte sich 2023 eine deutliche Eintrübung. Der Giessereiverband der Schweiz teilte Anfang Februar mit, dass „das Produktionsvolumen gesamthaft um 13,6 Prozent auf 34.685 abgelieferte Tonnen gegenüber 41.006 Tonnen im Vorjahr [sank]“, was die aktuelle Herausforderung verdeutlicht. Besonders in Deutschland, einem der wichtigsten Absatzmärkte, sind die Aufträge rückläufig. Dennoch bieten der hohe Automatisierungsgrad und die Fokussierung auf Zukunftstechnologien Chancen für langfristige Stabilität.
 

Skellettbau eines Autos

Kleine Betriebe, hohe Spezialisierung

Dem Verband angeschlossen sind 46 Gießereien, die sich auf präzise Metallgusslösungen spezialisiert haben. Die meisten sind kleine bis mittelständische Unternehmen, die höherwertige Komponenten für spezialisierte Branchen fertigen. Besonders stark vertreten sind die Medizintechnik, der Maschinenbau sowie die Uhrenindustrie. Die Herstellung von komplexen Bauteilen mit engen Toleranzen macht sie international konkurrenzfähig.

Während in anderen Ländern die Massenproduktion dominiert, setzen Schweizer Betriebe auf maßgeschneiderte Lösungen. 

Dank gezielter Automatisierung und Digitalisierung sind sie in der Lage, effizient und flexibel auf spezifische Kundenanforderungen einzugehen. Dies zahlt sich besonders in Nischenmärkten aus, in denen Präzision und Qualität über den Preis gestellt werden.

 

Automatisierung, KI und Leichtbau

Der technologische Fortschritt ist einer der zentralen Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche. Viele Schweizer Gießereien investieren gezielt in Robotik, KI-gestützte Qualitätssicherung und 3D-Drucktechnologien. Dies ermöglicht nicht nur eine gesteigerte Effizienz, sondern auch eine präzisere Fertigung.


Ein Beispiel ist der zunehmende Einsatz von KI-gestützten Systemen zur Fehlererkennung: Mit hochauflösenden Kameras und maschinellem Lernen können Produktionsfehler in Echtzeit identifiziert und korrigiert werden. Dadurch sinkt die Ausschussquote erheblich, was insbesondere bei kostenintensiven Materialien wie Titan oder Speziallegierungen relevant ist.


Ein weiteres Zukunftsthema ist der Leichtbau. Besonders im Aluminiumdruckguss sind Schweizer Unternehmen führend, da die Technologie eine ausgeprägte Festigkeit bei geringem Gewicht ermöglicht. Dies spielt in der Medizintechnik und im Maschinenbau eine entscheidende Rolle. 


Nachhaltigkeit gewinnt dabei an Bedeutung: Der Einsatz recycelter Metalle und energieeffiziente Produktionsmethoden stehen zunehmend im Fokus.

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Hohe Kosten und Fachkräftemangel


Trotz aller technologischen Fortschritte bleibt die Branche mit Herausforderungen konfrontiert. Die übermäßigen Energiekosten in der Schweiz belasten die Produktion stark – ein Nachteil gegenüber Standorten mit günstigeren Rahmenbedingungen. Während viele Länder staatliche Förderprogramme zur Entlastung der Industrie auflegen, bleibt die Schweiz im internationalen Vergleich eher zurückhaltend.


Ein weiteres Problem: der Fachkräftemangel. Gießereitechniker und Metallurgie-Spezialisten sind schwer zu finden. Viele Unternehmen reagieren mit verstärkten Ausbildungsinitiativen und Kooperationen mit Hochschulen. Gleichzeitig setzen sie verstärkt auf Automatisierung, um den Mangel an Fachpersonal zumindest teilweise auszugleichen.


Doch nicht nur interne Faktoren setzen die Branche unter Druck. Strengere Umweltvorschriften, steigende Materialkosten und eine schwächelnde Nachfrage aus der Industrie verschärfen die Situation zusätzlich. Viele Unternehmen sind gezwungen, ihre Geschäftsmodelle anzupassen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben: „Neugeschäfte konnten hier demzufolge so gut wie keine getätigt werden. Das lag insbesondere an der Wirtschaftsschwäche des größten Schweizer Exportlandes, Deutschland“, erklärt Danilo Fiato, Präsident des Gießerei-Verbands der Schweiz.

 

Zukunft durch Spezialisierung und Innovation


Trotz der Herausforderungen bleibt die Schweizer Gießereiindustrie optimistisch. Die Unternehmen werden sich weiter auf Nischenmärkte konzentrieren, in denen Qualität und technologische Exzellenz entscheidend sind. Der Trend zu nachhaltiger Produktion, Digitalisierung und Automatisierung wird sich fortsetzen.
Eine zentrale Rolle spielt dabei die Vernetzung mit internationalen Partnern. Kooperationen mit Technologieunternehmen und Forschungseinrichtungen könnten helfen, neue Märkte zu erschließen und Kosten durch innovative Produktionsmethoden zu senken. Die ersten positiven Signale sind bereits erkennbar: Während die Nachfrage aus Deutschland schwächelt, steigen die Aufträge aus anderen Märkten wieder an.
 


 

Autor

EUROGUSS 365
Editors EUROGUSS 365
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