Simulationsgestützte Berechnung der Umweltauswirkungen des Zinkdruckgusses bei Verwendung von Primär- und Sekundärrohstoffen für die Legierungsherstellung
Physikalische Ökobilanzen bieten die Möglichkeit, Optimierungspotenziale im Herstellungsprozess zu identifizieren, z.B. zur Reduzierung des Energieeinsatzes und damit zur Vermeidung von CO2 und anderen Treibhausgasen. Dieser Bericht beschreibt die physikalische Ökobilanz für das Recycling von Zinkschrott mit dem Ziel der Herstellung von Zinklegierungen für die Verwendung im Zinkdruckguss.
Der Werkstoff Zink macht dieses Szenario möglich - er ist vielfältig einsetzbar und hat die entsprechenden Materialeigenschaften für den Einsatz von technologischen Produkten in den Bereichen Automobil/Mobilität, Elektrotechnik, Stahl- und Infrastrukturbau, Architektur, Medizintechnik, Pharmazie, Gesundheit, Lebensmittel, Haushalt, etc. - Zink wird aufgrund seiner ausgezeichneten Rückbau- und Recyclingfähigkeit verwendet. Zink wird "verwendet" und nicht "verbraucht".
Für die Umsetzung dieser Ziele werden verschiedene Überlegungen herangezogen. Neben Kennzahlen zu Recyclingquoten eines Werkstoffs und Rezyklatgehalten in Produkten ist die Ökobilanz ein Instrument zur Darstellung der Umweltauswirkungen von Produkten. Ökobilanzen werden in Zukunft eine immer wichtigere Entscheidungsgrundlage für Investoren, Einkäufer, Projektentscheider etc. sein, um eine Materialauswahl für ein bestimmtes Bauteil, für Produkte, Anlagen und andere Großprojekte zu treffen. Um Lieferketten und Produktionsprozesse optimal zu gestalten, ist es unerlässlich, diese Lieferketten mit Simulationswerkzeugen rigoros abzubilden, um physikbasierte Umweltdaten zu generieren.
Umweltauswirkungen Lieferkette - Legierung / Zinkdruckguss
Die Darstellung der Umweltauswirkungen von Zinklegierungen in der Lieferkette des Zinkdruckgusses mit der Methode der simulationsbasierten, physikalischen Ökobilanzierung ermöglicht u.a. die Darstellung der unterschiedlichen Umweltauswirkungen von Zinklegierungen auf Basis von SHG-Feinzink (Sonderzink / Primärzink) im Vergleich zu Sekundärzink (Recyclingzink) mit definierten Rezyklatanteilen. Um Lieferketten und Produktionsprozesse zu optimieren, ist es zwingend erforderlich, diese Lieferketten mit Simulationswerkzeugen genau abzubilden, um physikalisch basierte Umweltdaten zu generieren. Mit dem Simulationsprogramm HSC-SIM wurde eine Umweltbilanz erstellt, die im Gegensatz zu Ökobilanzen nach EN 14040 oder Umweltproduktdeklarationen (EPD) nach EN 15804 die Möglichkeit bietet, die gesamte Lieferkette von Primärzink/Sekundärzink über den Zinkdruckgussprozess bis hin zur Oberflächenbehandlung/Passivierung von Zinkdruckgussstücken zu bilanzieren. Dazu bildet das Simulationsprogramm einen "digitalen Zwilling" der Prozesse mit den spezifischen Energieverbrauchsdaten und den daraus resultierenden Treibhausgasemissionen (THG) ab. [Abbildung 1, 4-7] Diese Methodik wurde bereits mehrfach erfolgreich bei verschiedenen Prozessen zur Herstellung von Metallen in unterschiedlichen Branchen im Bereich der Kreislaufwirtschaft angewendet [2-5]. Die gewonnenen Daten können bei Bedarf zur Erstellung einer Produkt-EPD verwendet werden. Das Ergebnis liefert Informationen über den CO2-Fußabdruck (GWP) und andere Umweltauswirkungen (EP, AP, POCP, siehe Tabelle 1) für Primär- und Sekundärmaterialien. Diese Studie wurde von der Initiative ZINK mit der Unterstützung von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Markus A. Reuter, TU Bergakademie Freiberg, und den Firmen REAZN S.A., Luxemburg und Adolf Föhl GmbH + Co KG, Rudersberg durchgeführt.Lebenszyklusanalyse und Methodik
Die Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment, LCA) hat sich in den letzten Jahrzehnten als wichtiges Instrument für die ökologisch orientierte Planung und Gestaltung von Produkten etabliert und wird in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Materialien und Produkten spielen. Als wissenschaftlich fundiertes Werkzeug ermöglicht sie eine umfassende Bewertung und damit eine Optimierung der Umweltauswirkungen. Zu den wesentlichen Merkmalen der Ökobilanz gehört die Betrachtung der Umweltauswirkungen, erweitert um die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus, von der Gewinnung eines Rohstoffs bis zu seiner Entsorgung oder der Vorbereitung zur Wiederverwendung des Materials. In der Ökobilanz werden alle relevanten Umweltauswirkungen berücksichtigt, soweit sie quantifizierbar sind. Die Erstellung einer Ökobilanz erfolgt in der Regel in mehreren Schritten, wobei sich das System der ISO 14040 international durchgesetzt hat.1) In dieser Studie wurde für die Ökobilanz eine Simulationsmethodik verwendet, [1-5] die eine prozessorientierte Betrachtung der Umweltauswirkungen ermöglicht. Das Recycling von Metallen nimmt eine Schlüsselstellung bei der Sicherung von Ressourcen für den Erhalt und Ausbau von Technologien und Infrastrukturen in der Zukunft ein. Zur Frage des Einsatzes von Sekundärrohstoffen für den Zinkdruckguss gibt es bisher keine Ökobilanzstudien. Die eingesetzte Simulationsmethodik mit der Software HSC-SIM2), Version 10.2, ermöglicht es, die Wirkungskategorien bei der Werkstoffherstellung von Zinklegierungen und der Weiterverarbeitung im Druckgussprozess nicht anhand generischer Daten, sondern anhand konkreter Produktionsbedingungen zeitnah zu berechnen.
Der Vorteil dieser Simulationsmethodik liegt in der Möglichkeit, die Daten mit Hilfe eines digitalen Zwillings der Produktionsprozesse jederzeit zu aktualisieren. Dies bedeutet, dass die Leistung und die Verbesserung oder Verschlechterung der Umweltauswirkungen eines Produktionsprozesses virtuell auf Knopfdruck dargestellt werden können. Darüber hinaus können mit Hilfe der Simulation Varianten / Szenarien berechnet werden, um z.B. die Auswirkungen von Prozessänderungen oder die Umsetzung von Innovationen und Investitionen in der Produktion auf ihre Umweltauswirkungen (Wirkungskategorien, Treibhausgasemissionen) zu überprüfen. Diese Art der Umweltwirkungsrechnung ist ein geeignetes Instrument, um das Ziel der Reduzierung von CO2 und anderen Wirkungskategorien auf dem Weg zur CO2-Neutralität zu begleiten. Das Konzept der CO2-Neutralität "Vermeiden - Verringern - Kompensieren" kann verfolgt werden. Die Simulationsmethodik bietet ein geeignetes Werkzeug, um dieses Konzept bis in die Details des Herstellungsprozesses zu verfolgen und entsprechende Maßnahmen zu planen und umzusetzen. Sie zeigt auch, an welcher Stelle des Prozesses der Einsatz erneuerbarer Energien den größten Einfluss auf den Fußabdruck hat. Sie zeigt aber auch die Grenzen von vermeintlich sinnvollen Investitionen und Innovationen in der Kreislaufwirtschaft sowie die thermodynamisch bedingten Grenzen auf.
System-Grenzen
Die Software HSC-SIM für simulationsbasiertes Engineering als digitaler Zwilling ermöglicht die individuelle Einbeziehung aller Produktionsschritte (Abb. 4-7) einschließlich des Energieinputs und -outputs sowie der Leistungsparameter der Produktionseinheiten, bezogen auf die Einheit Tonne/Zinklegierung. In der Studie wurden die folgenden Produktionsprozesse als Systemgrenze betrachtet. Die durchgeführten Berechnungen basieren teilweise auf der GIBBS-freien Energieminimierung.Environmental Impact of Primary Zinc (SHG)
Verwendung verfügbarer Ökobilanzdaten zu Primärzink und den Zinklegierungen ZAMAK-Primärlegierung (z.B. IZA) unter der Annahme eines Energiemixes gemäß GaBi-Datenbank..
Umweltauswirkungen von Sekundärzinklegierungen
Auswirkungsparameter:
- Transport von Zinkschrott zum Umschmelzwerk REAZN S.A. auf der Grundlage der von den Schrottlieferanten gesammelten logistischen Daten (Entfernungen, Lkw-Typ, kleine Größe / großes Volumen) - Bereich 3
- Interne Transporte (Gabelstapler gasbetrieben / elektrisch, Kräne) - Scope 1
- Allgemeine Elektrizität - Scope 2
- Produktionsenergie (Strommix Belgien) - Scope 1
- Kraftstoffe (Diesel) - Bereich 1
- Individuelle Energieabgabe der Geräte - Scope 1
Die Werte für die in den Abbildungen 4-7 genannten Wirkparameter werden vertraulich behandelt und sind in den Tabellen der Abbildungen verborgen. Die Ausgangsdaten der Prozesse sind in der Ergebnisauswertung (Tabelle 1) dargestellt.
Umweltauswirkungen der Zinkdruckgussproduktion
- Transport von Zinklegierungen vom Umschmelzwerk REAZN S.A. zur Zinkdruckgießerei Adolf Föhl GmbH auf der Grundlage der gesammelten logistischen Daten (Entfernungen, LKW-Typ
- Klein-/Großvolumen) - Scope 3
- Interne Transporte (Gabelstapler Gas/Elektro, Krane) - Scope 1
- Elektrizität allgemein - Scope 2
- Produktionsenergie (Strommix der EU 28) - Bereich 1
- Individueller Energieoutput von Geräten - Scope 1
Ergebnisse Analyse
Die Analyse der Produktionsschritte Primärzink/Sekundärzink und Zinkdruckguss (Möglichkeit der Oberflächenpassivierung ausgeschlossen) auf der Basis umweltrelevanter Realdaten zeigt erstmals die Umweltauswirkungen der gesamten Lieferkette von Zinkdruckgussprodukten. Die Ergebnisse geben einen konkreten Überblick über die Zusammenhänge des Energieverbrauchs und zeigen die effektivsten Handlungsfelder im Prozess zur Reduzierung des Energieverbrauchs auf. Durch die Simulation von Änderungen in den Herstellungsprozessen mit der Software HSC-SIM, wie z.B. der Einsatz energieeffizienterer Anlagen oder eine Änderung des Energiemixes mit Anteilen erneuerbarer oder alternativer Energien, können die Auswirkungen von Investitionen zur Verbesserung der Umweltbilanz veranschaulicht werden. Die Simulation ermöglicht einen direkten Vergleich zwischen dem bestehenden Produktionsprozess und künftigen Änderungen, auch im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen einer Investition auf die Umweltbelastung - eine Investition kann so in der Umweltbilanz oder in einem Nachhaltigkeitsbericht auf der Grundlage realer Daten abgebildet werden.
Für die Lieferkette Zinkdruckguss ergibt sich ein aufschlussreiches Bild über die Energieintensität in den einzelnen Produktionsstufen. In der aktuellen Studie wird der Status des gesamten Produktionsprozesses einschließlich der vorgelagerten Rohstoffgewinnung abgebildet. Sowohl der Einsatz von Primärrohstoffen für Zinkdruckgusslegierungen als auch der Einsatz von Sekundärzink werden berechnet. Im Ergebnis reduziert der Einsatz von 100 % Sekundärzink für Zinklegierungen im Werk REAZN S.A. mit seinen spezifischen Produktions- und Energieparametern den CO2-Fußabdruck um bis zu 97,5 % im Vergleich zum Einsatz von Primärzink (SHG-Zink). Dieser Wert kann in Zukunft mit Hilfe der Software HSC-SIM weiter optimiert werden. Die Entwicklung der Umweltbilanz über einen bestimmten Zeitraum kann so effizient für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und den Corporate Carbon Footprint (CCF) genutzt werden - jede Änderung kann in der Software versioniert werden. Der digitale Zwilling der Produktion trägt zu einer weiteren Umsetzung von Industrie 4.0 und Digitalisierung sowie der Bereitstellung von Produktionsdaten für eine Nachhaltigkeitsbewertung bei.
Zusammenfassung
Eine Betrachtung der Produktionsprozesse des Zinkrecyclings zur Herstellung von Legierungen zur Wiederverwendung im Zinkdruckguss mit Hilfe der softwaregestützten Erstellung einer physischen Ökobilanz am Beispiel der Unternehmen REAZN S.A. und Adolf Föhl GmbH & Co. KG gibt einen Einblick in die tatsächlichen Umweltauswirkungen der Lieferkette. Die Aufbereitung der Verbrauchsdaten unter Berücksichtigung des indirekten und direkten Energieverbrauchs (Scope 1 bis Scope 3) ist eine einzigartige Möglichkeit, die Potenziale zur Vermeidung von Energieeinsatz, Prozessverbesserungen mit Ökobilanzwirkung sowie den realen ökologischen Fußabdruck eines Produktes prozessbezogen zu ermitteln. Für Zinkdruckgusslegierungen aus dem Recycling von Zinkschrott ergibt sich eine unternehmensbezogene Reduktion des ökologischen Fußabdrucks in Form von z.B. CO2 von 97,5 % gegenüber dem Primärmaterial. Dieser Wert kann als Ausgangswert für die weitere Simulation von unternehmensbezogenen Prozessverbesserungen angenommen werden. Die digitale Abbildung der Produktionsprozesse bietet die Möglichkeit, Prozessvarianten abzubilden und Planspiele, z.B. für geplante Investitionen in den Produktionsprozess, durchzuführen. Basierend auf einem Multi-Recycling von Zink ergibt sich ein produktionsspezifisches und umfassendes Einsparpotenzial für Energie und die daraus resultierenden Treibhausgase. Darüber hinaus relativiert der wiederkehrende Einsatz von Zinkschrott in der Aufbereitung als hochwertiger Recyclingrohstoff die Gesamtbilanz für die Umweltauswirkungen der Gewinnung von Zink aus Erzen.
Vorbereitung - Quellen - Referenzen
Diese Studie wurde im Auftrag der Initiative ZINK von Prof. Dr. Markus Reuter, Professor an der TU Bergakademie Freiberg, auf der Grundlage konkreter Realdaten der Unternehmen REAZN S.A, Luxemburg, und Adolf Föhl GmbH & Co.KG, Rudersberg, erstellt. Alle Datenquellen sind mit Stand Juni 2020 bis März 2021 in diese Studie eingeflossen. Änderungen in der Darstellung sind vorbehalten.
Quellen:
- 1)Ernst & Sohn, DGNB, IBU: Was jeder im Bauwesen über Ökobilanzen wissen sollte, p. 136
- 2)Software-Reference: HSC Chemistry 10, Metso Outotec 1974-2021, www.mogroup.com
- 3)M.A. Reuter, R. Matusewicz, A. van Schaik (2015): Lead, Zinc and their Minor Elements: Enablers of a Circular Economy, World of Metallurgy – ERZMETALL 68 (3), 132-146.
- M.A. Reuter, A. van Schaik, J. Gediga (2015): Simulation-based design for resource effi-ciency of metal production and recycling systems, Cases: Copper production and recy-cling, eWaste (LED Lamps), Nickel pig iron, International Journal of Life Cycle Assess-ment, 20(5), 671-693.
- M.A. Reuter (2016): Digitalizing the Circular Economy - Circular Economy Engineering defined by the metallurgical Internet of Things-, 2016 TMS EPD Distinguished Lecture, USA, Metallurgical Transactions B, 47(6), 3194-3220
- Abadías Llamas, N. Bartie, M. Heibeck, M. Stelter, M.A. Reuter (2020). Simulation-based exergy analysis of large circular economy systems: Zinc production coupled to CdTe photovoltaic module life cycle. Journal of Sustainable Metallurgy, 6(1), 34-67.
- N. Bartie, A. Abadías Llamas, M. Heibeck, M. Fröhling, O. Volkova, M.A. Reuter (2020). The simulation-based analysis of the resource efficiency of the circular economy – the enabling role of metallurgical infrastructure. Mineral Processing and Extractive Metallurgy (TIMM C) 129, 2, 229–249.