Best Practice: Hochleistungs-Wärmerückgewinnung

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30.06.2021 Nachhaltigkeit & CO2-Neutralität Wärmebehandlung und Gussteilnachbehandlung Grundlagenwissen

Best Practice: Hochleistungs-Wärmerückgewinnung

Europa will mit Hilfe des Europäischen Green Deals bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Ein wichtiger Meilenstein ist die Reduzierung der CO2-Emissionen um 55 % bereits bis 2030 im Vergleich zu 1990. Dies betrifft vor allem energieintensive Industrien, die neben den steigenden Energiepreisen nun auch die Kosten der CO2-Emissionen zu tragen haben. Die Firma STIHL Magnesium Druckguss spart mit einer Wärmerückgewinnungsanlage 85 % CO2 ein, verglichen mit einer herkömmlichen Hallenheizung.

KMA ULTRAVENT System Das KMA ULTRAVENT-System ermöglicht eine effektive Wärmerückgewinnung und -nutzung.

Magnesium gilt heute als der Konstruktionswerkstoff des 21. Jahrhunderts. Das Leichtmetall zeichnet sich durch seine Leichtigkeit, seine hervorragenden Gießeigenschaften und seine gute Bearbeitbarkeit aus. Zudem lässt sich Magnesium im Vergleich zu anderen Werkstoffen nahezu unbegrenzt recyceln. Bereits 1971 errichtete die Firma STIHL in Weinsheim ein Magnesium-Druckgusswerk. Mit einer Gießkapazität von ca. 6000 Tonnen pro Jahr gilt das Werk heute als eine der größten und modernsten Magnesium-Druckgießereien in Europa. Mehr als 20 Druckgießmaschinen der Warm- und Kaltkammertechnik mit Schließkräften von bis zu 1000 Tonnen sind in der vollautomatischen Produktion im Einsatz. 790 Mitarbeiter stellen jährlich mehr als 26 Millionen Bauteile für Kettensägen und andere Elektrowerkzeuge des Mutterkonzerns, aber auch für externe Kunden her.

 

Fokus auf Nachhaltigkeit

 

Das Unternehmen bekennt sich zu Umweltschutz und Energieeffizienz auf hohem Niveau und zu deren kontinuierlicher Verbesserung, sowohl bei den Unternehmensprozessen als auch bei den Produkten. Im Einklang mit diesen Grundsätzen wurde bei der Auswahl eines neuen Abluftfiltersystems großer Wert auf Ökoeffizienz gelegt. Darüber hinaus wurden die klimatischen Bedingungen bei der Auslegung der Ablufttechnik berücksichtigt. Im rheinland-pfälzischen Weinsheim pendelt das Thermometer in den Wintermonaten um die Null-Grad-Marke. Deshalb legte STIHL bei der Vergabe des Projekts nicht nur Wert auf eine zuverlässige Abluftreinigung, sondern gleichzeitig auf eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung. Die KMA Umwelttechnik GmbH installierte 2015 ein einzigartiges Wärmerückgewinnungssystem (Abb. 1), das die gesamte Druckgießerei in den Wintermonaten auf konstant 18 °C aufheizt, ohne konventionelle Energieträger wie Strom oder Gas einzuspeisen. Das mehrstufige Wärmerückgewinnungssystem basiert auf zwei hydraulischen Kreisläufen, in denen stündlich 45,6 m3 und 22,8 m3 Ethylenglykol als Trägermedium fließen.

 

Mehrstufige Rückgewinnung von wertvoller Prozessabwärme

 

Zwölf Abluftfilteranlagen mit einer Gesamtkapazität von 236.000 m3/h sind in einem wetterfesten Gehäuse auf dem Hallendach der Druckgießerei installiert. Neben den Filterelementen (Abb. 2) verfügen die Anlagen über Abluftwärmetauscher, so dass die in der Abluft enthaltene Wärme zurückgewonnen werden kann. Die mit Ölrauch belastete Abluft aus der Produktion wird über Ventilatoren unter der Hallendecke angesaugt und durchströmt zunächst die Abluftfilter. Nachgeschaltet sind die Wärmetauschereinheiten. Da die Abluft auch im Winter eine Temperatur von mindestens 29 °C hat, verfügt sie über wertvolle Wärmeenergie, die in der kalten Jahreszeit im Wärmetauscher mittels hydraulischem Trägermedium entzogen wird. Jeder Wärmetauscher hat eine Leistung von max. 112,5 kW/h. Der Wärmeträgerkreislauf führt in den Keller unter der Gießereihalle. Hier befindet sich die zentrale Zuluftanlage zur Versorgung der Gießerei mit Frischluft. Ventilatoren saugen die Frischluft von außen an. Über einen ersten Wärmetauscher (Abb. 3) wird die aus der Abluft gewonnene Energie mittels eines Kreislaufverbundsystems auf die Zuluft übertragen. Auf diese Weise kann die Zuluft auch an kalten Wintertagen auf mindestens 11 °C erwärmt werden. Um die Zuluft auf die erforderliche Vorlauftemperatur von 18 °C zu bringen, verfügt die Anlage über eine zweite Wärmetauscherstufe (Abb. 4).

Hier erfolgt die Energieversorgung durch Einbindung in den Kühlwasserkreislauf der Gießmaschinen. Das Kühlwasser wird normalerweise über einen Kühlturm abgeführt. Mit einer Temperatur von ca. 30 °C ist es in der kalten Jahreszeit ein ideales Trägermedium für die zweite Wärmetauscherstufe und erwärmt so die Hallenluft auf die erforderlichen 18 °C. Über Lüftungsschlitze im Hallenboden werden der Halle stündlich 236.000 m3 erwärmte Frischluft zugeführt.

 

Produktionsunabhängiges Heizsystem

 

Parallel dazu erwärmt eine weitere autarke Anlage weitere 120.000 m3 Frischluft. Vier der zwölf Filteranlagen auf dem Dach sind nicht an den großen hydraulischen Kreislauf angeschlossen, sondern bilden eine eigene Anlage, um die Halle auch bei Produktionsstillstand, etwa in den Ferienzeiten, vor Frost zu schützen. Auch hier wird die von außen einströmende Luft zunächst auf ca. 11 °C erwärmt. Der zweite Wärmetauscher unterscheidet sich jedoch von dem der größeren Anlage. Er wird nicht ausschließlich mit erwärmtem Kühlwasser betrieben, sondern kann auch mit konventionell erwärmtem Wasser betrieben werden.

 

 

 

Ökonomie und Ökologie: Kein Widerspruch

 

Die Gießerei wird an fünf Arbeitstagen pro Woche mit einer täglichen Betriebszeit von 24 Stunden betrieben. Die Heizperiode in den Wintermonaten beträgt durchschnittlich 12 Wochen, so dass die Berechnung auf 1440 Stunden basiert. Aufgrund der hohen Rauchbelastung findet in der Gießerei ein 13-facher stündlicher Luftwechsel statt. Dies entspricht einem Luftstrom von 360.000 m3. Bei Verwendung einer konventionellen gasbefeuerten Hallenheizung würden sich die Heizkosten für diese 12 Wochen auf rund 36.000 Euro belaufen. Die Betriebskosten der KMA ULTRAVENT Filter- und Wärmerückgewinnungsanlage betragen dagegen nur rund 5.900 Euro. Sie setzen sich aus dem elektrischen Energieverbrauch für Ventilatoren, Pumpen und Reinigungssystem zusammen. Damit spart das KMA-System im Vergleich fast 84 % der jährlichen Heizkosten ein. Gleichzeitig profitiert die Umwelt von sauberer Luft, da die öligen Rauch- und Aerosolstoffe herausgefiltert werden.

Noch beeindruckender ist jedoch der Öko-Effekt des bei STIHL eingesetzten Wärmerückgewinnungssystems. Während eine herkömmliche Heizungsanlage unter den genannten Betriebsbedingungen eine jährliche CO2-Belastung von rund 363 Tonnen verursachen würde, beträgt der CO2-Fußabdruck mit dem KMA-Filtersystem nur 55 Tonnen, was 85 Prozent weniger CO2-Emissionen bedeutet. Und mit der Einführung der CO2-Steuer wird sich diese Schere noch weiter öffnen, denn ab 2021 werden 25 Euro pro Tonne CO2 fällig, die sukzessive auf 55 Euro im Jahr 2025 ansteigen.

 

Zusammenfassung

 

Die nachhaltige Behandlung der Produktionsabluft ist eine große Herausforderung für alle Akteure in der Druckgussindustrie. Die Vielzahl kundenspezifischer Parameter und lokaler Gegebenheiten führt zu maßgeschneiderten Lösungen, die es Gießereien weltweit ermöglichen, einen hohen Umweltstandard zu erreichen. KMA bietet seinen Kunden ein energieoptimiertes Filtersystem, das auf die individuellen Bedürfnisse der Gießerei und auf die örtlichen Gegebenheiten zugeschnitten ist. Das von KMA entwickelte ULTRAVENT-System umfasst alle Komponenten zur Abluftreinigung und Wärmerückgewinnung. Es verbindet Umwelt- und Klimaschutz mit spürbaren Betriebskostenvorteilen für die Gießerei. Das Beispiel der bei STIHL betriebenen Anlage zeigt, dass führende Druckgusshersteller Maßnahmen ergriffen haben, um eine nachhaltige Abluftreinigung an allen ihren Produktionsstandorten sicherzustellen.

Dieser Artikel ist zuerst in der GIESSEREI erschienen (GIESSEREI 05_2021, S. 59-61).

 
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Autor

Nicole Kareta

Lena Arenz

Marketing Spezialist bei KMA Umwelttechnik GmbH